.

Stiftungsordnung für das Bistum Aachen1#

Vom 9. Juni 2023

(KlAnz. 2023, Nr. 73, S. 166)

####

Präambel

Gemäß § 12 Absatz 3 Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Stiftungsgesetz NRW) obliegt es den Kirchen, Art und Umfang der erforderlichen Regelungen zur Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen in eigener Verantwortung zu treffen. Für die katholischen Stiftungen im Bistum Aachen wird daher folgende Stiftungsordnung erlassen:
#

§ 1
Geltungsbereich

Diese Stiftungsordnung gilt für die kirchlichen Stiftungen im Sinne des § 11 Stiftungsgesetz NRW, die ihren Sitz im Bistum Aachen haben und gemäß § 12 Absatz 4 Stiftungsgesetz NRW durch das Bistum Aachen als kirchlich anerkannt sind (katholische Stiftungen).
#

§ 2
Kirchliche Stiftungsbehörde

( 1 ) Träger der kirchlichen Stiftungsaufsicht ist das Bistum Aachen. Soweit nicht anders bestimmt, ist kirchliche Behörde im Sinne des Stiftungsgesetzes NRW und kirchliche Stiftungsbehörde im Sinne dieser Stiftungsordnung das Bischöfliche Generalvikariat Aachen.
( 2 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde ist zuständige Stelle im Rahmen des staatlichen Feststellungsverfahrens im Sinne des § 12 Absatz 2 Stiftungsgesetz NRW.
#

§ 3
Kirchliche Stiftungsaufsicht

( 1 ) Kirchliche Stiftungen unterliegen der Aufsicht der kirchlichen Stiftungsbehörde (Kirchliche Stiftungsaufsicht).
( 2 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde wacht insbesondere darüber, dass die kirchlichen Stiftungen nach Maßgabe des kirchlichen und staatlichen Rechts, dem Willen des Stifters sowie des Stiftungsgeschäfts und der Satzung der Stiftung einschließlich der Zuordnung zur Kirche verwaltet werden.
( 3 ) Die Zuordnung zur Kirche wird durch die Verfolgung kirchlicher Zwecke oder die Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben und dem Maß der institutionellen Verbindung mit der Kirche einschließlich der kirchlichen Stiftungsaufsicht gewährleistet.
( 4 ) Die gesetzlichen Zuständigkeiten der staatlichen Stiftungsbehörden bleiben unberührt.
#

§ 4
Aufsichtsgrundsätze

( 1 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde hat den bei Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommenen Willen, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Stifters zu beachten. Sie verfolgt ein integriertes kirchliches Aufsichtsverständnis, welches aufgaben-, ressourcen- und risikoorientiert ausgerichtet ist und berät und unterstützt Stifter sowie Stiftungen und deren Organe.
( 2 ) Im Rahmen einer gestuften Aufsicht stärkt sie die Selbstständigkeit der Stiftung und die Eigenverantwortlichkeit des Handelns der Organe der Stiftung.
#

§ 5
Unterrichtung

( 1 ) Die zuständigen Stiftungsorgane sind verpflichtet, die kirchliche Stiftungsbehörde unverzüglich über alle wesentlichen Vorgänge der Stiftung zu unterrichten. Darüber hinaus kann sich die kirchliche Stiftungsbehörde jederzeit über alle Angelegenheiten der kirchlichen Stiftungen unterrichten und Berichte anfordern.
( 2 ) Liegen der kirchlichen Stiftungsbehörde Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der Verwaltung der Stiftung gegen gesetzliche Bestimmungen oder die Satzung verstoßen wurde, kann sie hierzu Auskunft und die Vorlage von Unterlagen zur Einsichtnahme verlangen.
( 3 ) Im Rahmen einer ordnungsgemäßen Aufsicht kann sie im erforderlichen Umfang eine weitergehende Prüfung vornehmen oder auf Kosten der Stiftung vornehmen lassen.
#

§ 6
Prüfung

( 1 ) Die zuständigen Stiftungsorgane sind verpflichtet, die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung anzuwenden und der kirchlichen Stiftungsbehörde innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Jahresrechnung (Einnahmen-/Ausgabenrechnung, Vermögensübersicht und Vermögensrechnung oder kaufmännischer Jahresabschluss) und einen Tätigkeitsbericht, der insbesondere die Erfüllung der Stiftungszwecke beinhaltet, vorzulegen. Die kirchliche Stiftungsbehörde kann eine kürzere Vorlagefrist festlegen, insbesondere wenn vorangegangene Jahresrechnungen beanstandet wurden oder die Stiftung wiederholt ihrer Verpflichtung nach Satz 1 verspätet nachgekommen ist. Im Tätigkeitsbericht ist auch auf die Veränderung bei stiftungstragenden Einrichtungen sowie auf Chancen und Risiken für das Stiftungsvermögen einzugehen. Wenn der Prüfungsbericht einen Lagebericht enthält, kann auf den Tätigkeitsbericht verzichtet werden.
( 2 ) Die Stiftung hat die Jahresrechnung unter Einbeziehung der Buchführung durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, einen vereidigten Buchprüfer oder eine Buchprüfungsgesellschaft oder eine vergleichbare Stelle (Abschlussprüfer) prüfen zu lassen. Die Prüfung hat sich insbesondere auf die Erhaltung des Grundstockvermögens und die satzungsmäßige Verwendung der Stiftungsmittel zu erstrecken.
( 3 ) Die Stiftung kann auf Antrag durch vorherige schriftliche Zustimmung von der Pflicht zur Einbeziehung eines Abschlussprüfers befreit werden, wenn das Stiftungsvermögen oder der Aufwand zur Verwaltung des Stiftungsvermögens von geringem Umfang ist. Die Ausnahme kann zeitlich befristet werden.
( 4 ) Wird die Jahresrechnung durch einen der in Absatz 2 Satz 1 genannten Abschlussprüfer geprüft und der Prüfungsbericht der kirchlichen Stiftungsbehörde vorgelegt, soll die kirchliche Stiftungsbehörde von einer nochmaligen Prüfung absehen. Sie kann im erforderlichen Umfang eine weitergehende Prüfung vornehmen oder auf Kosten der Stiftung vornehmen lassen.
( 5 ) § 7 gilt entsprechend.
#

§ 7
Beanstandung, Anordnung, Zwangsmittel

( 1 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde kann Beschlüsse und Maßnahmen der Stiftungsorgane, die dem in dem Stiftungsgeschäft oder in der Satzung zum Ausdruck gebrachten Willen des Stifters oder gesetzlichen Bestimmungen widersprechen, beanstanden und verlangen, dass diese innerhalb einer von ihr bestimmten, angemessenen Frist aufgehoben oder rückgängig gemacht werden. Beanstandete Beschlüsse oder Maßnahmen dürfen nicht vollzogen werden.
( 2 ) Unterlässt ein Stiftungsorgan eine rechtlich gebotene Maßnahme, kann die kirchliche Stiftungsbehörde anordnen, dass die Maßnahme innerhalb einer von ihr bestimmten Frist durchgeführt wird.
( 3 ) Kommt die Stiftung oder ein Stiftungsorgan einer Anordnung der kirchlichen Stiftungsbehörde binnen einer von der kirchlichen Stiftungsbehörde gesetzten Frist nicht nach, kann die kirchliche Stiftungsbehörde die Anordnung mit Zwangsmitteln unter den Voraussetzungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des jeweiligen Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz hat, vollstrecken.
#

§ 8
Abberufung von Organmitgliedern, Sachwalterbestellung

( 1 ) Hat sich ein Mitglied eines Stiftungsorgans einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht oder ist es zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner der Stiftung gegenüber bestehenden Pflichten nicht in der Lage, kann die kirchliche Stiftungsbehörde die Abberufung dieses Mitglieds und die Berufung eines neuen Mitglieds an dessen Stelle verlangen. Sie kann dem Mitglied die Wahrnehmung seiner Geschäfte einstweilig untersagen.
( 2 ) Kommt die Stiftung der nach Absatz 1 Satz 1 getroffenen Anordnung nicht binnen einer ihr gesetzten angemessenen Frist nach, kann die kirchliche Stiftungsbehörde die Abberufung des Mitglieds verfügen und eine andere Person an dessen Stelle berufen.
( 3 ) Wenn der Vorstand oder ein anderes Organ der Stiftung seine Aufgaben nicht wahrnehmen kann, weil Mitglieder des Organs fehlen, hat die kirchliche Stiftungsbehörde in dringenden Fällen auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen notwendige Maßnahmen zu treffen, um die Handlungsfähigkeit des Organs zu gewährleisten. Die kirchliche Stiftungsbehörde ist insbesondere befugt, Organmitglieder befristet zu bestellen oder von der satzungsmäßig vorgesehenen Zahl von Organmitgliedern befristet abzuweichen, insbesondere indem die kirchliche Stiftungsbehörde einzelne Organmitglieder mit Befugnissen ausstattet, die ihnen nach der Satzung nur gemeinsam mit anderen Organmitgliedern zustehen.
( 4 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde kann einem von ihr bestellten Organmitglied bei oder nach der Bestellung eine angemessene Vergütung auf Kosten der Stiftung bewilligen, wenn das Vermögen der Stiftung sowie der Umfang und die Bedeutung der zu erledigenden Aufgaben dies rechtfertigen. Die kirchliche Stiftungsbehörde kann die Bewilligung der Vergütung mit Wirkung für die Zukunft ändern oder aufheben. Eine solche Vergütung kann in Ausnahmefällen auch von der kirchlichen Stiftungsbehörde getragen werden. Ein solcher Ausnahmefall liegt insbesondere vor, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stiftung die Übernahme der Kosten für die Vergütung nicht erlauben. Ändern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stiftung derart, dass sie zur Übernahme der Kosten für die Vergütung wieder in der Lage ist, kann die kirchliche Stiftungsbehörde die von ihr getragene Vergütung ersetzt verlangen.
( 5 ) Reichen die Befugnisse der kirchlichen Stiftungsbehörde nach dieser Stiftungsordnung nicht aus, um eine dem Willen des Stifters und den Gesetzen entsprechende Verwaltung der Stiftung zu gewährleisten oder wiederherzustellen, kann die kirchliche Stiftungsbehörde die Durchführung der Beschlüsse und Anordnungen auf Kosten der Stiftung einem Sachwalter übertragen. Dessen Aufgabenbereich und Vollmacht sind in einer Bestellungsurkunde festzulegen.
#

§ 9
Geltendmachung von Ansprüchen

Erlangt die kirchliche Stiftungsbehörde von einem Sachverhalt Kenntnis, der Schadensersatzansprüche der Stiftung gegen Mitglieder der Stiftungsorgane begründen könnte, kann sie der Stiftung eine vertretungsberechtigte Person zur Klärung durch Durchsetzung ihrer Ansprüche bestellen. Die Kosten entsprechender Maßnahmen trägt die Stiftung. § 8 Absatz 4 Satz 3, 4 und 5 gelten entsprechend.
#

§ 10
Zustimmungserfordernis

( 1 ) Beschlüsse zur Änderung der Satzung, zur Zulegung oder zur Zusammenlegung der Stiftung sowie zur Auflösung der Stiftung bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit unbeschadet der staatlichen Genehmigung der schriftlichen Genehmigung durch die kirchliche Stiftungsbehörde. Der Stifter ist hierzu nach Möglichkeit anzuhören.
( 2 ) Für die Aufhebung der Stiftung durch die staatliche Stiftungsbehörde gilt Absatz 1 entsprechend.
( 3 ) Die Genehmigung nach Absatz 1 ist zugleich die Zustimmung im Sinne von § 12 Absatz 4 Stiftungsgesetz NRW.
#

§ 11
Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte und Rechtsakte

( 1 ) Zu ihrer Rechtswirksamkeit bedürfen der schriftlichen Genehmigung der kirchlichen Stiftungsbehörde neben den in § 10 genannten Beschlüssen:
  1. Erwerb, Belastung, Veräußerung von Grundstücken und Aufgabe des Eigentums an Grundstücken sowie Erwerb, Änderung, Veräußerung und Aufgabe von Rechten an Grundstücken. Dies gilt nicht für die Zustimmung zur Veräußerung und Belastung von Erbbaurechten;
  2. Abgabe von Bürgschafts-, Patronats- oder Garantieerklärungen;
  3. Übertragung, Übernahme oder Schließung von Anstalten oder Einrichtungen;
  4. Gründung und Auflösung von Gesellschaften sowie Erwerb und die Veräußerung von Gesellschaftsbeteiligungen;
  5. Rechtsgeschäfte, die der zur Vertretung der Stiftung Befugte im Namen der Stiftung mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten vornimmt.
( 2 ) Die Genehmigung im Sinne von Absatz 1 lit. d) kann die kirchliche Stiftungsbehörde von der Erstreckung aufsichtsrechtlicher Regelungen auf die Gesellschaft abhängig machen.
( 3 ) Zum Zwecke der Verfahrensvereinfachung kann die kirchliche Stiftungsbehörde für Rechtsgeschäfte und Rechtsakte nach Absatz 1 die Zustimmung bereits im Voraus schriftlich erteilen. Diese Zustimmung kann von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht werden.
#

§ 12
Stiftungsverzeichnis, Vertretungsbescheinigung

( 1 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde führt kein öffentliches Stiftungsverzeichnis.
( 2 ) Kirchliche Stiftungen können gemäß § 10 Stiftungsgesetz NRW in das elektronische Stiftungsverzeichnis des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen werden. Das Einvernehmen im Sinne des § 12 Absatz 5 Satz 1 Stiftungsgesetz NRW gilt als erteilt.
( 3 ) Die kirchliche Stiftungsbehörde stellt auf Antrag den kirchlichen Stiftungen eine Bescheinigung darüber aus, wer nach Maßgabe der Satzung und der von der Stiftung mitgeteilten Angaben zur Vertretung der Stiftung berechtigt ist (Vertretungsbescheinigung).
( 4 ) Die zuständigen Stiftungsorgane sind verpflichtet, die kirchliche Stiftungsbehörde unverzüglich über die personelle Zusammensetzung der Organe der Stiftung einschließlich des Vorsitz und stellvertretenden Vorsitz und jede Änderung derselben zu unterrichten.
#

§ 13
Anfallberechtigung

Bei Auflösung oder Aufhebung einer kirchlichen Stiftung fällt das Vermögen für den Fall, dass es an einer Bestimmung zur Anfallberechtigung durch oder aufgrund der Satzung fehlt, an das Bistum Aachen, das die Stiftung beaufsichtigt hat. Das Vermögen soll unmittelbar und ausschließlich möglichst für die in der Satzung festgelegten Zwecke verwendet werden.
#

§ 14
Rechtsweg

Gegen Maßnahmen der kirchlichen Stiftungsbehörden ist der kirchliche Rechtsweg gegeben.
#

§ 15
Verwaltungsvorschriften

Die kirchliche Stiftungsbehörde kann die zur Durchführung dieser Stiftungsordnung erforderlichen Verwaltungsvorschriften erlassen.
#

§ 16
Schriftform

Soweit diese Stiftungsordnung keine besondere Form vorsieht, ist Textform ausreichend.
#

§ 17
Evaluation

Die kirchliche Stiftungsbehörde soll fünf Jahre nach Inkrafttreten der Stiftungsordnung die Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit einer Überprüfung unterziehen.
#

§ 18
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Stiftungsordnung tritt am 1. Juli 2023 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die Stiftungsordnung für das Bistum Aachen vom 11. Mai 2011 (KlAnz. für die Diözese Aachen 2011, Nr. 90, S. 98) außer Kraft.
( 3 ) § 12 Absätze 1, 2 und 3 treten am 31. Dezember 2026 außer Kraft.
( 4 ) Diese Stiftungsordnung wird im kirchlichen Amtsblatt und im jeweiligen staatlichen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht.

#
1 ↑ Soweit personenbezogene Bezeichnungen im Interesse der Lesbarkeit und Verständlichkeit in der männlichen Form stehen, wird diese Form verallgemeinernd verwendet und bezieht sich auf beide Geschlechter.