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Kassationsordnung Pfarreien
Vom 22. Juli 1991
(KlAnz. 1991, Nr. 127, S. 122),
geändert am 15. September 2022 (KlAnz. 2022, Nr. 100, S. 182)
Präambel
Auf der Grundlage der diesbezüglichen Vorschriften des „Codex luris Canonici" vom 25. Januar 1983 (insbes. CIC cann. 482-491 sowie 535) und der Bestimmungen der „Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche" vom 14. Oktober 1988 (für das Bistum Aachen in Kraft gesetzt am 15. August 1990) wird die folgende „Ordnung für die Aufbewahrung und Kassation von Schriftgut und Schriften in den Pfarrgemeinden des Bistums Aachen" erlassen:
#I. Allgemeine Bestimmungen
#§ 1
Die fachliche Aufsicht über das gesamte Schriftgut der kirchlichen Institutionen innerhalb des Bistums Aachen obliegt dem Leiter des Bischöflichen Diözesanarchivs. Er ist an allen wichtigen Fragen der Schriftgutverwaltung zu beteiligen.
#§ 2
Bei jeder Kassation (Vernichtung) von Schriftgut muß der Gefahr begegnet werden, daß archivwürdiges Material vernichtet wird.
#§ 3
Archivwürdig sind alle Unterlagen, die Auskunft über die Pfarr-, Dekanats- und Ortsgeschichte geben können. Hierzu zählen grundsätzlich alle Akten und Belege vor 1900. Bei jüngerem Schriftgut - auch solchem der pfarrlichen Einrichtungen - ist nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist zu prüfen, welche Unterlagen wegen ihres wissenschaftlichen, historischen, kulturellen, künstlerischen oder technischen Quellenwertes dauernd aufbewahrt werden sollen. Dasselbe gilt für den allgemeinen Schriftwechsel, soweit die Vorgänge abgeschlossen sind oder das Schriftgut für die laufende Verwaltung nicht mehr benötigt wird.
#§ 4
Eine Kassation von Schriftgut darf nur im Zusammenwirken mit dem Leiter des Diözesanarchivs oder eines von ihm Beauftragten vorgenommen werden. Dafür ist vorher das für die Aufbewahrung und das für die Kassation vorgesehene Schriftgut gesondert zu ordnen. Unter den Aufbewahrungsfristen nicht genannte Vorgänge werden bei einer Prüfung ebenfalls zur Begutachtung vorgelegt.
#§ 5
Die Kassation wird von einer Kommission vorgenommen. Ihr gehören an der Leiter des Diözesanarchivs oder dessen Beauftragter, der zuständige Pfarrer bzw. Leiter der Seelsorgestelle und ein weiteres Mitglied des Kirchenvorstands. Der Pfarrer kann mit der technischen Abwicklung weitere Personen betrauen (vgl. §§ 4 und 6).
#§ 6
Dauernd aufzubewahrendes Schriftgut ist mit einem deutlichen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Vernichtung zu versehen. Befristet aufzubewahrendes Schriftgut ist mit einem deutlichen Hinweis auf das Jahr zu versehen, in dem es frühestens ausgesondert und vernichtet werden darf.
#§ 7
Unzulässig ist die Vernichtung dauernd aufzubewahrenden Schriftguts und die Vernichtung von Schriftgut vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist. Schriftgut ist so zu kassieren, daß ein Mißbrauch durch Dritte ausgeschlossen ist. Eine Abgabe ausgesonderten Schriftguts an Dritte ist nicht zulässig. Einern Mißbrauch durch Außenstehende ist dadurch vorzubeugen, daß man das zu kassierende Schriftgut mit einem Reißwolf zerkleinert, es verbrennt oder dem Diözesanarchiv zur Vernichtung übergibt.
#§ 8
Über die Kassation ist in zweifacher Ausfertigung ein Protokoll zu fertigen. Es ist von den Kommissionsmitgliedern zu unterschreiben. Eine Ausfertigung erhält das Diözesanarchiv, die andere wird im Archiv der Pfarrgemeinde aufbewahrt.
#§ 9
Zum Schriftgut der Pfarrgemeinden gehören auch die speziellen Unterlagen der Einrichtungen, deren Träger die Pfarrgemeinde ist. Für Krankenhäuser, Pflegeheiine, Kinderheime, Kindergärten und ähnliche Anstalten gelten die staatlichen bzw. die kommunalen Bestimmungen. Das gleiche gilt, wenn für eine Maßnahme öffentliche Zuschüsse in Anspruch genommen wurden.
#§ 10
Die Ordnung für die Aufbewahrung und Kassation von Schriftgut in den Pfarrgemeinden des Bistums Aachen gilt analog für die Dekanate.
#II. Aufbewahrungsfristen
#§ 11
(
1
)
Der nachfolgende Katalog von Aufbewahrungsfristen umfaßt naturgemäß nur die wesentlichen Schriftgutarten, die in einer Pfarrverwaltung anzufallen pflegen. Es ist stets zu bedenken, daß auch nach Ablauf der Frist keine Unterlagen ohne weiteres vernichtet werden dürfen.
(
2
)
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, aus dem das Schriftgut stammt, bei Akten, Verzeichnissen und Verträgen mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die Akte oder das Verzeichnis abgeschlossen bzw. der Vertrag abgelaufen ist.
#§ 12
Dauernd aufzubewahren sind
(
1
)
Kirchen- und Amtsbücher
- Kirchenbücher (Tauf-, Trau-, Sterbebuch)
- Protokollbücher, insbesondere des Kirchenvorstandes und des Pfarrgemeinderates sowie Lager-, Kollekten-, Rent-, Kassen-, Urkunden-, Gastpriesterbücher
- Pfarrchronik und sonstige Chroniken mit zugehörigem Schrift-, Bild- und Tonmaterial
- Proklamandumbücher, die mehr Nachrichten enthalten als die Pfarrnachrichten bzw. -briefe
- Pfarrliches Gebräuchebuch
(
2
)
Verzeichnisse
- der Konversionen, Kirchenaustritte, Rekonziliationen sowie der Aufnahmen in die Kirche
- der Erstkommunikanten, der Firmlinge
- der Stiftungen
- Inventarverzeichnisse
- Kirchlicher Anzeiger für das Bistum Aachen (vor 1930 Amtsblätter des Erzbistums Köln bzw. des Bistums Münster)
- Realschematismus bzw. Handbuch
- Sammlungen kirchlicher Erlasse
(
4
)
Schriften
- Pfarrbriefe, -nachrichten, -zeitschriften
- Festschriften aus dem Pfarrbereich
- Gebetshefte u. ä. zu besonderen Anlässen
(
5
)
Urkunden jeder Art, z.B.
- Kirch-, Altar- und andere Weiheurkunden
- Ernennungs-, Stiftungs-, Gründungsurkunden
- Schuldurkunden
- Urkunden über Erbschaften und Vermächtnisse
- Urkunden über Käufe, Belastungen und Veräußerungen von GrundstückenUrkundensammlungen bleiben als solche erhalten. Urkunden in den Akten bleiben möglichst im Aktenzusammenhang. Beides ersetzt nicht das Urkundenbuch (s. § 12, 1).
(
6
)
Akten
- Geschichtlich bedeutsame Akten
- alle Akten, die sich auf die Zeit vor 1900 beziehen
- Vorgänge über kirchen- und kulturpolitische u. ä. Auseinandersetzungen wie Grundsatzfragen, Nationalsozialismus oder besondere pastorale Ereignisse
- Akten über Pfarrgründung, Pfarrgrenzen (einschließlich Karten) und Patronatsangelegenheiten
- Personalakten
- Arbeitsverträge
- Personalbögen
- Vertragsbeendigung
- Rechtsakten
- Stiftungen, Vermächtnisse
- Prozesse
- Sonder- und Gewohnheitsrechte
- Grundstücksakten
- Lagepläne, Grundbuchauszüge, Katasterauszüge
- dauernde Rechte und Verbindlichkeiten
- Veräußerungs-, Erbpacht-, Erbbau-, Genehmigungs- u. ä. Verträge
- Gebäudeakten
- Baujournale
- Pläne, Zeichnungen, Fotos, Statik
- Baulastverpflichtungen, Schuldverschreibungen
- Zuschüsse der Öffentlichen Hand
- Verträge und Rechnungen über wichtige Anschaffungen (Kircheninventar, Kunstgegenstände, Orgel, Glocken, kultisches Gerät, Heizung u. ä.), ggf. mit Zeichnungen, Fotos u.ä.
- Haushaltsakten
- Jahresrechnungen mit letztgültigem Haushaltsplan für alle Haushalte und Teilhaushalte der Kirchengemeinde nebst wichtigster Korrespondenz
- Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnungen für Sonderbetriebe (Krankenhäuser, Pflegeheime u. a. Einrichtungen in pfarrgemeindlicher Trägerschaft)
(
7
)
Verschiedenes
- Statistiken
- Visitationsberichte
- Beitragslisten Kirchenbauverein
- Wahlprotokolle (weitere Unterlagen nur bis nach der nächsten Neuwahl)
- archivwürdige Unterlagen kirchlicher Vereine (z. B. Satzungen, Protokolle, Wahlen, besondere Aktivitäten, Chroniken - unbeschadet vereinseigener Archive)
- archivwürdige Unterlagen von Sonderbetrieben (außerhalb der Bilanzen)
- spezielle (außerhalb der kirchengemeindlichen Haushalte vorhandene) Unterlagen der Friedhofsverwaltung, die die Namen aller Bestattungen enthalten
(
8
)
Für das Archiv selbst
- Ordnungsschemata der Pfarregistratur (auch „überholte“)
- Ordnungsschemata des Archivs (auch „überholte“)
- Findbücher und andere Findmittel für das Archivgut
- Protokolle über Aussonderung und Vernichtung von Akten
- Verträge betr. Deposita, Ausleihen u.ä.
- Liste der Benutzer des Archivs nebst Angabe des eingesehenen Archivguts (Benutzerbuch)
- Korrespondenz u.ä. über wichtige Forschungen und Veröffentlichungen im und über das Archiv
§ 13
Mindestens 80 Jahre aufzubewahren sind
- Anlagen zum Taufbuch
- Brautexamensniederschriften nebst Anlagen
- alle Eheakten, z. B. über Ehedispensen, Sanationen, Todeserklärungen
- Akten betr. Adoptionen, Namensänderungen, Ehenichtigkeitserklärungen, Ablegung der Profeß, Erteilung von hl. Weihen
- Konversionen, Rekonziliationen (dauernd aufzubewahren, wenn keine Verzeichnisse angelegt sind)
- Personalakten (außer § 12, 6c)
§ 14
Mindestens 50 Jahre aufzubewahren sind
- Pfarrliche Zeugnisse
- Korrespondenz über die kirchliche Vermögensverwaltung (außer § 12, 6e-h)
- sonstige Korrespondenz (außer § 12, 7 und 8)
- Bescheide über Zuschüsse der Öffentlichen Hand für Maßnahmen der Denkmalpflege und Kunst
- Hypothekenbriefe
- Einheitswertbescheide
- Verträge, insbesondere Versicherungs-, Miet- und Pachtverträge
- Treuhandbücher
- Stipendienbücher
- alle Unterlagen der Tageseinrichtungen für Kinder, insbesondere solche, die wegen evtl. Schadensersatzansprüche von Bedeutung sind (außer § 12, 6c)
§ 15
Mindestens 30 Jahre aufzubewahren sind
- Korrespondenz über pastorale Fragen
- Gottesdienstordnungen und Verkündigungsbücher
- Schriftgut über Erstkommunion und Firmung
- Schriftgut über Vorbereitung und Durchführung von Prozessionen
- Schriftgut über Einkehrtage, Triduen, Exerzitien u.ä.
- Schriftgut über den örtlichen Religionsunterricht
- Schriftgut über die Kinder-, Jugend-, Frauen-, Männer-, Verbandsseelsorge
- Schriftgut über soziale und caritative Tätigkeiten
- Schriftgut aus der Tätigkeit des Pfarrgemeinderats
Unterlagen über Ereignisse, die Einmaligkeits oder Modellcharakter haben, sind dauernd aufzubewahren.
#§ 16
Mindestens 10 Jahre aufzubewahren sind
(
1
)
Belege
- Zahlungs-, Buchungs-, Bankbelege
- Kontoauszüge
- Rechnungsbelege (außer § 12, 6g)
(
2
)
Listen
- Sammlungs- und Beitragslisten (außer § 12, 7)
- Namenslisten (Eltern und Kinder) der Tageseinrichtungen für Kinder sowie Abrechnungen betr. Mittagsspeisung, Anwesenheitslisten von Kindern, Karteikarten von Kindern, Inventarlisten
- Wählerlisten für Kirchenvorstands- und Pfarrgemeinderatswahlen
(
3
)
Sparkassenbücher
(
4
)
Nebenbücher der Rendantur wie Barkassenbuch, Spendenbuch (nebst Belegen)
(
5
)
Unterlagen über die Genehmigung von Meßstiftungen
(
6
)
Korrespondenz über die Kontrollen der Finanz und Vermögensverwaltung
(
7
)
Proklamandumbücher, die nicht mehr enthalten als die Pfarrbriefe bzw. -nachrichten
(
8
)
Intentionsbuch
#III. Schlußbestimmungen
#§ 17
Diese Ordnung tritt am 1. September 1991 in Kraft.
Alle bisherigen ihr entgegenstehenden Vorschriften, Anweisungen und Gewohnheiten treten mit diesem Tage außer Kraft.