.

Schulpastoral im Bistum Aachen – Rahmenordnung

Vom 24. Mai 2013

(KlAnz. 2013, Nr. 98, S. 126)

###

1. Einführung

Eine sich rasant verändernde Gesellschaft stellt die Menschen vor neue Herausforderungen: tradierte Modelle des Miteinanders verlieren an Bedeutung, neue Formen und Rituale bilden sich oder wollen gefunden werden. Schule ist nicht der reine Ausbildungsort. Sie repräsentiert die Vielfalt der Gesellschaft, ist ein Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen.
In diesen Veränderungen möchte die Kirche für die Menschen da sein. Schulpastoral ist ein seelsorglicher Dienst der Kirche für die Menschen, die in der Schule arbeiten. Sie öffnet auf der Grundlage des christlichen Glaubens den Blick für die religiöse Dimension des Lebens und leistet einen eigenständigen Beitrag zum ganzheitlichen Entwicklungsprozess junger Menschen.
Schulpastoral will den Auftrag schulischer Bildung und Erziehung ergänzen und so an der Gestaltung des Schullebens mitwirken. Das geschieht durch Förderung der persönlichen Entfaltung in sozialer Verantwortung und durch Angebote, die die „heilsame Präsenz des Christlichen erfahrbar machen“. (Die deutschen Bischöfe – Kommission für Erziehung und Schule: Schulpastoral – der Dienst der Kirche an den Menschen im Handlungsfeld Schule, 1996, S.13)
Präsenz in der Schule bietet die Chance, den Schulalltag mit seinen Anforderungen, Bedürfnissen, Problemen und Konflikten wahrzunehmen und darauf zu reagieren. So entstehen Ideen und Möglichkeiten, den schulischen Alltag mit zu gestalten, Glauben (er)lebbar zu machen.
Damit dieses Anliegen realisiert werden kann, braucht es Menschen, die sich engagieren: Neben pastoralen Mitarbeitern/-innen, Ordensleuten sowie den Religionslehrern/-innen sind alle Christinnen und Christen durch Taufe und Firmung eingeladen, im schulischen Alltag entsprechend den persönlichen Möglichkeiten ein gelebtes Zeugnis ihres Glaubens zu geben.
Die schulpastoralen Angebote der Kirche erfolgen von einem konfessionellen Standpunkt aus und in ökumenischer Offenheit. Sie stehen in der Regel Christen/-innen anderer Konfessionen offen, nicht wenige Angebote auch Anhängern/-innen anderer Religionen und Nichtgläubigen.
Damit schulpastorales Handeln wirksam werden kann, sind vielfältige, unterschiedlich intensive Verbindungen mit anderen Bereichen religiösen und sozialen Lernens unverzichtbar: Kooperationen mit dem Religionsunterricht, der kirchlichen Jugendarbeit, der Gemeindekatechese und der Schulsozialarbeit ergänzen und unterstützen sich in ihrem gemeinsamen Bemühen, die persönliche Entwicklung junger Menschen zu einem gelingenden Leben zu fördern.
#

2. Theologische Grundlegung der Schulpastoral

Die Kirche als Communio, als Gemeinschaft des Volkes Gottes, weiß sich in ihren Grundvollzügen (Diakonia: Dienst am Menschen, Martyria: Verkündigung, Leiturgia: Gottesdienst, Koinonia: Weggemeinschaft) zu den Menschen gesandt. Basierend darauf hat sie den Auftrag zur Mitgestaltung der Gesellschaft. Schulpastoral macht sich diesen Auftrag kirchlicher Sendung zu eigen und sucht sie immer wieder neu auf den Lern- und Lebensraum Schule anzuwenden.
Begründet durch das Doppelgebot Jesu, der Gottes- und Nächstenliebe, ergibt sich daraus für schulpastorales Handeln, dass sich Christinnen und Christen in der Schule darum sorgen, das Selbstwertgefühl der ihnen anvertrauten Menschen zu stärken, Gemeinschaft und Solidarität zu fördern und deren Suche nach Gott zu begleiten.
In der Erklärung der deutschen Bischöfe wird dazu ausgeführt: „Schulpastoral ist ein Dienst, den Christen aus ihrer Glaubensüberzeugung heraus für das Schulleben leisten.“ (Die deutschen Bischöfe: Schulpastoral, S.7)
Die jedem Menschen von Gott geschenkten Talente und Charismen sind nicht Selbstzweck. Sie sind vielmehr Gabe und Aufgabe, damit sie für sich selbst und für andere Menschen eingesetzt werden.
„Die Erfahrung von Verdanktsein, von Freude und Gelingen ebenso wie die von Angst, Sünde, Verzweiflung und Scheitern; die Erfahrung von Angenommensein und Geachtetwerden, von Abgelehntwerden und Alleinsein ebenso wie die Erfahrung von Beschenktsein und Mangel soll entdeckt und bewusst gemacht und vom Glauben her gedeutet werden.“ (Die deutschen Bischöfe: Schulpastoral, S.16)
Schulpastoral macht sensibel für den Sinn und Wert des eigenen Lebens, öffnet Raum für existentielle Fragen, gibt Zuspruch und Hilfe, macht Kirche in Rufnähe erlebbar.
Die Kirche lernt durch die Präsenz am und im Lebensraum Schule die Freuden und Sehnsüchte, aber auch die Verunsicherungen, Sorgen und Ängste der zukünftigen Generation kennen und kann diese Freuden und Sorgen mit ihnen teilen. Zusammen mit den jungen Menschen lassen sich so Perspektiven einer "Kirche von morgen" entwickeln.
#

3. Pädagogische Grundlegung der Schulpastoral

Schule und Gesellschaft stehen in einer engen Beziehung: Schule spiegelt die Gesellschaft wider, deren Entwicklungen und Probleme, deren weltanschauliche, ethnische und religiöse Pluralität. Die Gesellschaft erwartet von der Schule Ausbildung und Erziehung junger Menschen, sie erwartet Vermittlung von Werten und Pflege des Miteinanders und sie bestimmt die Rahmenbedingungen des Schulalltags mit.
Durch die sich verlängernde tägliche Verweildauer wird die Schule immer mehr zum Aufenthaltsort, zu einem sehr entscheidenden Lernort und damit zu einem Lebens- und Erfahrungsraum. Andere Lernorte, Lebens- und Erfahrungsräume (Familie, Nachbarschaft, Gemeinde, Verbände, Vereine) geraten dadurch oft ins Hintertreffen.
Pädagogisches Handeln will jungen Menschen im Lebensraum Schule bei der Ausbildung ihrer Persönlichkeit helfen und Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung fördern. Das beinhaltet somit immer ein möglichst optimales Miteinander aller am Schulleben beteiligten Menschen.
#

4. Verantwortung und Zuständigkeiten

Die schulpastoralen Angebote in der Schule und für die Schule werden getragen durch pastorales Personal sowie durch das Engagement der Lehrer/-innen, Schüler/-innen und Eltern, die ihre schulischen Aufgaben bewusst als Christen/-in nen wahrnehmen.
Für die Förderung und Umsetzung schulpastoraler Anliegen sind in besonderer Weise Leitungsverantwortliche in Schule und Gemeinde angesprochen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es in der Praxis unterschiedliche Möglichkeiten in den kirchlichen und in den staatlichen Schulen gibt.
#

4.1 Lehrer/-innen, besonders Religionslehrer/-innen

Die Bischöfe weisen in ihrer Erklärung zur Schulpastoral einen Weg, der dem Anliegen und dem Charakter der Schulpastoral entspricht: "Die Schulpastoral lebt wesentlich davon, dass Christen im Lebensraum Schule ihre originäre Sendungskompetenz entfalten und sich aus pastoraler Gesinnung nach ihren ganz unterschiedlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten für die Gestaltung des Schullebens engagieren. So sind sie die ersten und wichtigsten Träger von Schulpastoral." (Die deutschen Bischöfe: Schulpastoral, S.26 f)
Das bedeutet, dass die Christinnen und Christen, die im Lebensraum Schule arbeiten, ihre durch Taufe und Firmung empfangene Sendungskompetenz kreativ und engagiert einbringen und so aus christlichem Geist engagiert das Schulleben mit gestalten.
Durch die Missio canonica sind Religionslehrer/-innen im besonderen Maße berufen, befähigt und beauftragt, im Namen und in der Intention der Kirche in der Schule schulpastoral tätig zu werden. Sie sollen anregen, initiieren, einladen und zur Mitarbeit motivieren.
Die Abteilung "Erziehung und Schule" des Bischöflichen Generalvikariats unterstützt die Lehrer/-innen durch Beratung von Fachschaften, durch Qualifikationskurse und Fortbildungsangebote.
#

4.2 Pastorales Personal

Schulpastoral gehört zum pastoralen Auftrag in den Gemeinschaften der Gemeinden. Im Rahmen ihrer bischöflichen Aufträge in einer Gemeinschaft der Gemeinden gestalten Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten/-innen in Absprache mit Schulleitungen und Lehrern/-innen an den Schulen ihres Einzugsbereichs Schulpastoral.
Zwischen den Verantwortlichen – dem Leiter einer Gemeinschaft der Gemeinden und dem/der Schulleiter/-in – werden die grundsätzlichen Fragen der Schulpastoral abgestimmt.
An Schulen in bischöflicher Trägerschaft gehört die Arbeit von Schulseelsorgern/-innen zum spezifischen Profil der Schule.
An ausgewählten öffentlichen Schulen/Schulzentren ergänzen bischöflich beauftragte Schulseelsorger/-innen durch schulpastorale Angebote den schulischen Auftrag zu Bildung und Erziehung.
Näheres regelt die Richtlinie "Einsatz von Pastoralpersonal des Bistums Aachen als Schulseelsorger/-innen an weiterführenden Schulen" vom 1. März 2012.
#

4.3 Schulleiter/-innen

Schulpastoral vollzieht sich im Rahmen des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule, für den die Schulleiter/-innen an ihren Schulen die Verantwortung tragen. Deshalb erfolgen schulpastorale Aktivitäten in Abstimmung mit der Schulleitung.
#

4.4 Das Bischöfliche Generalvikariat

Der Bischof nimmt die verfassungsgemäß und gesetzlich eingeräumten Mitwirkungsrechte und -pflichten der Kirche in Schulfragen wahr und vertritt in diesem Rahmen auch die Belange der Schulpastoral des Bistums gegenüber der Landesregierung. Er nimmt Rahmensetzungen für die Schulpastoral vor und sorgt für die Einhaltung staatlicher und kirchlicher Normen und Vorgaben.
In seinem Auftrag gewährleistet die Abteilung "Erziehung und Schule" im Bischöflichen Generalvikariat, dass kirchliche und bischöfliche Leitlinien und Rahmensetzungen für Schulpastoral im Bistum Aachen angewandt, umgesetzt und weiterentwickelt werden.
In der Schulpastoral
  • ist sie Ansprechpartnerin für alle an der Schulpastoral Beteiligten und fördert deren Kommunikation und Kooperation,
  • berät sie Schulleiter/-innen und Lehrer/-innen,
  • ist sie erste Kontaktpartnerin für die Schulen und die staatliche Schulaufsicht bei Einsätzen von pastoralem Personal,
  • ist an den Einsatzabsprachen für das pastorale Personal beteiligt,
  • sorgt sie in Absprache mit der Hauptabteilung Pastoralpersonal für fachliche Begleitung und Austausch sowie für Qualifizierung ist sie im Rahmen der Fortbildung von pastoralem Personal an der Planung und Durchführung der Maßnahmen beteiligt.
#

5. Kompetenz und Qualifizierung

Neben der persönlichen Eignung bedürfen alle pastorale Mitarbeiter/-innen, die als Schulseelsorger/-innen eingesetzt werden, einer entsprechenden Zusatzqualifikation. Wenn sie im Rahmen ihres Einsatzes katholischen Religionsunterricht erteilen, bedürfen sie einer religionspädagogisch-didaktischen Qualifikation sowie der Missio canonica. (Vgl. Richtlinie "Einsatz von Pastoralpersonal des Bistums Aachen als Schulseelsorger/-innen an weiterführenden Schulen" vom 1. März 2012)
Lehrer/-innen, die sich in der Schulpastoral engagieren, bedürfen neben einer Grundlegung auch der Vertiefung und Weiterentwicklung fachlicher Kenntnisse und praktischer Fähigkeiten.
Die Abteilung "Erziehung und Schule" sorgt für die notwendige Qualifizierung sowie für die Förderung von Spiritualität und menschlicher Befähigung zu einem schulpastoralen Dienst.
#

6. Rechtlicher Rahmen

Das Wirken der Kirche in der Schule unterliegt staatlichem und kirchlichem Recht in der jeweils gültigen Fassung.
Näheres regeln entsprechende staatskirchenrechtliche Bestimmungen, Schulgesetze, Erlasse des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen sowie Verfügungen der Bezirksregierungen.
#

7. Finanzielle Förderung

Eine Förderung der schulpastoralen Arbeit richtet sich nach den jeweiligen Richtlinien.
#

8. Inkrafttreten

Diese Rahmenordnung tritt zum 1. Juni 2013 in Kraft.