Bistum Aachen
.Ordnung zur Verwaltung und Bewirtschaftung
Ordnung zur Verwaltung und Bewirtschaftung
der Fabrikfonds in den Kirchengemeinden
im Bistum Aachen
Vom 7. April 2025
###1. Geltungsbereich
Diese Ordnung regelt verbindlich die Verwaltung und Bewirtschaftung der Fabrikfonds in den Kirchengemeinden im Bistum Aachen. Für das Substanzkapital der Stellenfonds gelten die Regelungen dieser Ordnung analog.
#2. Grundsätze
2.1 Neben der Kirchengemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts bestehen als Ortskirchenvermögen weitere Vermögensmassen, die sogenannten Fonds. Diese gewohnheitsrechtlich anerkannten Vermögensmassen, deren Rechte und Rechtsstellung über die Jahrhunderte in verschiedenen staatlichen Gesetzen und Gerichtsurteilen beschrieben und anerkannt wurden, waren die ursprünglichen Träger des örtlichen Kirchenvermögens, während die Kirchengemeinde erst nachträglich als eigenständige Rechtsperson neben diese Rechtspersonen getreten ist.
2.2 Bei den Fonds handelt es sich nach staatlichem Recht um rechtlich selbständige Rechtsträger stiftungsähnlicher Art mit öffentlich-rechtlichem Charakter. Kirchenrechtlich handelt es sich bei den Fonds entweder um öffentliche juristische Personen in der Kirche oder um zweckgebundene Sondervermögen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Vermögen gemäß can. 1257 §1 CIC jeweils Kirchenvermögen ist.
2.3 Die Zweckbestimmung der Fondsmittel ist grundsätzlich einzuhalten. Die Zwecke der Fonds sind grundsätzlich durch die Erträgnisse des zugehörigen Substanzkapitals zu erfüllen. Das Substanzkapital ist grundsätzlich zu erhalten.
2.4 Die Fonds werden nach § 3 des Kirchlichen Vermögensverwaltungsgesetzes für die Diözese Aachen (KVVG) vom 10. Oktober 2024 in seiner jeweils geltenden Fassung vom Kirchenvorstand verwaltet, der das Vermögen in der Kirchengemeinde verwaltet und die Kirchengemeinde und das Vermögen vertritt.
2.5 Für die Verwaltung der Fonds gilt die Geschäftsanweisung über die Verwaltung des Vermögens in den Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbänden des Bistums Aachen (GA KVVG) vom 10. Oktober 2024 in ihrer jeweils geltenden Fassung. Der Kirchenvorstand kann einzelne Personen, Ausschüsse oder Gremien mit der Verwaltung eines Fonds beauftragen.
2.6 Im kirchengemeindlichen Rechnungswesen sind die Vermögensgegenstände und Schulden der Fonds gesondert von den Vermögensgegenständen und Schulden der Kirchengemeinde auszuweisen. In den Grundbüchern sind die Fonds explizit zu verzeichnen, um deren Rechte an ihren Vermögensgegenständen zu sichern.
#3. Begriffsklärung / Definitionen
3.1 Der Fabrikfonds ist das Gotteshausvermögen bzw. die Kirchenfabrik (von Gotteshaus bzw. Kirchengebäude = lateinisch „fabrica ecclesiae“). Er ist als juristische Person Träger des dem Kirchengebäude gewidmeten Vermögens. Hieraus ergibt sich die wirtschaftliche Zweckbestimmung des Vermögens und seines Ertrags für den Erhalt der Kirchengebäude und weiterer pastoral genutzter Immobilien im Eigentum des Fabrikfonds.
3.2 Die Stellenfonds (Pfarrfonds und Vikariefonds) sind die Benefizien nach can. 1272 CIC. Ihre Erträge dienen der Besoldung des pastoralen Personals. Zu den sogenannten Stiftungsfonds gehören die zweckgebundenen Stiftungen für das Feiern Heiliger Messen oder zur Erfüllung sonstiger kirchlicher Aufgaben.
3.3 Vermögensgegenstände, die einem Fonds dauerhaft zur Erfüllung seiner Zwecke überlassen wurden, bilden als Substanzkapital das Stammvermögen des Fonds. Die Summe der Buchwerte dieser Vermögensgegenstände ist in der kirchengemeindlichen Bilanz im Posten „B.I Kapital aus Fonds“ als Substanzkapital ausgewiesen und gilt als dem Fonds gewidmet im Sinne von can. 1291 CIC. Das Substanzkapital des Fonds ist zur Sicherung der Zweckerfüllung der Fonds zu erhalten.
3.4 Erträge der Fonds sind insbesondere Erträge aus der Vermietung und Verpachtung einschließlich damit verbundener Nebenkostenzahlungen, über Zweckbindung dem Fonds zugeordnete Spenden und Kollekten, Zinsen aus Kapitalanlage sowie Erträge aus der Veräußerung von Sachanlagevermögen.
3.5 Aus den Erträgen der Fabrikfonds zweckentsprechend zu deckende Aufwendungen sind insbesondere Aufwendungen für Wasser, Energie und Brennstoffe, Aufwendungen für laufende Instandhaltung, außerordentliche Instandhaltung und Wartung, Abgaben und Gebühren, Versicherungsbeiträge, Sollzinsen aus Darlehensverpflichtungen sowie die jährliche Abschreibung.
3.6 Unter außerordentliche Instandhaltung (Instandsetzung) fallen bauliche Maßnahmen, die zur Erhaltung des Zustandes und des Dienstbetriebs eines Gebäudes dienen (z.B. Dach- oder Fassadensanierung, Heizungs- oder Lüftungsanlagen).
3.7 Superflua ist der Überertrag, den ein Fabrikfonds innerhalb eines Geschäftsjahres als Überschuss seiner Erträge über die zweckentsprechenden Aufwendungen und die notwendige Zuführung zur Instandhaltungsrückstellung erzielt.
#4. Bewirtschaftung des Substanzkapitals der Fonds
4.1 Bei Vermögensumschichtungen der ordentlichen (z.B. Umschichtung Kapitalanlagen) und der außerordentlichen (z.B. Veräußerung von Grundstücken) Vermögensverwaltung ist das Substanzkapital des Fonds ungeschmälert und mit äquivalentem Ertragspotential zu erhalten. Die Erträge aus Vermögensumschichtungen des Substanzkapitals verbleiben in dem jeweiligen Fonds und müssen dem Substanzkapital hinzugefügt werden.
4.2 Vor der Veräußerung von Grundstücken ist die Einräumung eines Erbbaurechts zu prüfen. Ist die Einräumung eines Erbbaurechts nicht umsetzbar, so bedarf dieser Umstand einer nachvollziehbaren Begründung. In diesem Fall können Grundstücke veräußert werden, sofern verkehrswertgleiche Ersatzgrundstücke beschafft werden. Können geeignete Grundstücke nicht beschafft werden, ist der Veräußerungserlös unter Beachtung der „Richtlinie für die Anlage des Finanzvermögens der Kirchengemeinden und Kirchengemeindeverbände im Bistum Aachen“ in der jeweils gültigen Fassung ertragbringend anzulegen.
4.3 Als Ausnahme dürfen im Zusammenhang mit einer zukunftsgerichteten Reduktion pastoral genutzter Gebäudeflächen Erlöse aus der Veräußerung einer pastoral genutzten Immobilie maximal zu 80 % zur Finanzierung einer Investition in eine andere, die bisherige Nutzung übernehmende pastoral genutzte Immobilie eingesetzt werden. Mindestens 20 % des jeweiligen Verkaufserlöses sind zur Absicherung der Instandhaltung des neuen Gebäudes im Substanzkapital zu halten und ertragbringend anzulegen.
4.4 Die Substanzkapitalien dürfen in Form sogenannter innerer Darlehen anderen Rechtsträgern innerhalb eines Pastoralen Raums zur Verfügung gestellt werden, soweit die Rückzahlung bei Finanzierung einer Instandhaltung innerhalb von 10 Jahren und bei Finanzierung einer Investition innerhalb von 20 Jahren gesichert ist. Die inneren Darlehen sind in Orientierung am zum Zeitpunkt der Genehmigung gültigen Zinssatz für Bundesanleihen zu verzinsen. Darlehensgewährungen zwischen verschiedenen Rechtsträgern über die Grenzen eines Pastoralen Raums hinweg sind ausgeschlossen.
4.5 Die Aufnahme von Kapitalmarktdarlehen ist nur zur Finanzierung von Investitionen in wirtschaftlich genutzte Immobilien zulässig. Voraussetzung ist, dass die Investition zu einer Steigerung des Ertragswerts des Substanzkapitals führt, die nachhaltige Erfüllung des Fondszwecks nicht gefährdet wird und das Darlehen in angemessener Zeit aus den zusätzlichen Einnahmen getilgt werden kann.
#5. Bewirtschaftung der Erträge aus dem Substanzkapital der Fabrikfonds
5.1 Die Erträge aus dem Vermögen eines Fabrikfonds stehen dem jeweiligen Fonds zu und sind zweckentsprechend zu verwenden. Dabei kann die Liquidität aus den Erträgen mehrerer Fabrikfonds unter Verwaltung einer Kirchengemeinde in einem Liquiditätspooling zur Finanzierung der Aufwendungen aus dem Betrieb des Gebäudes und seiner laufenden Instandhaltung kurzfristig wechselseitig über Verrechnungskonten zur Verfügung gestellt werden. Eine Zuwendung der Liquidität aus den Erträgen eines Fabrikfonds an einen anderen Fabrikfonds bedarf als veräußerungsähnliches Rechtsgeschäft der kirchenaufsichtlichen Genehmigung.
5.2 Zweckentsprechende Verwendung der Erträge der Fabrikfonds ist die Finanzierung der Aufwendungen nach 3.5 für seine pastoral und wirtschaftlich genutzten Gebäude, die Finanzierung der außerordentlichen Instandhaltung nach 3.6 an wirtschaftlich genutzten Gebäuden sowie die Finanzierung des Eigenanteils der außerordentlichen Instandhaltung nach 3.6 an bezuschussungsfähigen pastoral genutzten Gebäuden sowie die Vorsorge hierfür über die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung.
5.3 Die jährliche Zuführung zur Instandhaltungsrückstellung erfolgt in Höhe der jährlichen Instandhaltungspauschalen für sämtliche im Bestand des Fabrikfonds befindlichen pastoral genutzten Gebäude, sofern nicht die Aufgabe eines pastoral genutzten Gebäudes mit Verzicht auf weitere außerordentliche Instandhaltungsaufwendungen beschlossen worden ist. Für pastoral genutzte Gebäude, deren Aufgabe beschlossen wurde, ist für Notreparaturen eine Instandhaltungsrückstellung in Höhe von 10 % der jährlichen Instandhaltungspauschalen zu bilden, solange das Gebäude noch nicht aufgegeben worden ist. Die Rückstellung wird durch Inanspruchnahme in Höhe der angefallenen außerordentlichen Instandhaltung vermindert. Näheres zur Berechnung der Instandhaltungspauschalen und der Bildung der Instandhaltungsrückstellung regelt eine entsprechende Richtlinie.
5.4 In einem Geschäftsjahr erwirtschaftete Defizite eines Fabrikfonds sind zur Vermeidung eines Substanzverzehrs aus dem nicht fondsgebundenen Vermögen auszugleichen.
5.5 Sofern die Erträge der Fabrikfonds den jährlichen Bedarf der zweckentsprechenden Verwendung gemäß 5.2 und 5.3 übersteigen, können diese auch zur Finanzierung außerordentlicher Instandhaltung der nicht bezuschussungsfähigen pastoral genutzten Gebäude verwendet werden.
5.6 Sofern die Erträge aus dem Vermögen eines Fabrikfonds den zweckentsprechenden Aufwand und die Zuführung zu einer Instandhaltungsrückstellung übersteigen (sog. Superflua), stehen diese Übererträge sonstigen kirchlichen Zwecken zur Verfügung. Diese Übererträge können auch anderen kirchlichen Rechtsträgern zur Erfüllung sonstiger kirchlicher Zwecke unter Beachtung der Regelungen eines veräußerungsähnlichen Rechtsgeschäfts zur Verfügung gestellt werden.
5.7 Zu den Übererträgen (sog. Superflua) zählen auch realisierte außerordentliche Vermögenserträge z.B. in Folge einer Wertsteigerung nach Baulandausweisung. Diese können bis zur Höhe von 80 % für sonstige kirchliche Zwecke eingesetzt werden. Die verbleibenden außerordentlichen Vermögenserträge (mindestens 20 %) müssen dem bisherigen Substanzkapital zugeführt werden. Die Aufdeckung von stillen Reserven aus reinen inflationsbedingten Wertsteigerungen stellt dagegen keinen besonderen Vermögensertrag (und damit keine sog. Superflua) dar. Diese im Rahmen von Vermögensumschichtungen aufgedeckten stillen Reserven sind vollständig im Substanzkapital zu halten.
5.8 Einem Fabrikfonds zugeordnete Begräbnisstätten (Friedhöfe und Grabeskirchen) sind in ihrer wirtschaftlichen Betrachtung aus der des jeweiligen Fonds zu lösen. Ihre Erträge unterliegen den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben und ihre Aufwendungen sind aus ihrem Geschäftsbetrieb zu decken. Eine Finanzierung aus sonstigen Erträgen des Fonds ist ausgeschlossen.
#6. Zweckänderung von Fabrikfonds
6.1 Die Aufhebung der bisherigen Zweckbindung eines Fabrikfonds erfolgt im Anschluss an die Profanierung des ihn begründenden Kirchengebäudes. Nach Beschlussfassung des Kirchenvorstands ist per Bischöflichem Dekret gemäß can. 48 CIC die entsprechende Verfügung über den Fonds zu treffen. Zuvor sind notwendige Erkundigungen und Beweismittel einzuholen sowie jene zu hören, deren Rechte durch die Verfügung verletzt werden könnten.
6.2 Mit der Aufhebung der bisherigen Zweckbindung erfolgt die Zweckbindung dieses Fabrikfonds und seines gesamten Vermögens zugunsten eines durch Beschluss des Kirchenvorstands festzulegenden Fabrikfonds im selben Pastoralen Raum.
#7. Aufsicht und Genehmigung
7.1 Die Verwaltung der Fabrikfonds unterliegt gemäß den kirchenrechtlichen Vorschriften der Aufsicht über die Vermögensverwaltung der dem Ordinarius unterstellten öffentlichen juristischen Personen nach can. 1276 § 1 CIC.
7.2 Die Bewirtschaftung des Substanzkapitals der Fabrikfonds gemäß dieser Ordnung unterliegt grundsätzlich den Vorgaben zur Kirchlichen Genehmigung nach den jeweils geltenden Regelungen.
7.3 Entsprechend der Zuständigkeit der Beispruchsgremien bedürfen die Veräußerung von Vermögensgegenständen des Substanzkapitals der Fabrikfonds sowie veräußerungsähnliche Rechtsgeschäfte ab einem Volumen von 100.000 € der Zustimmung des Vermögensrates und des Konsultorenkollegiums des Bistums Aachen.
#8. Inkrafttreten
Diese Ordnung tritt zum 1. Januar 2026 in Kraft.