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Vereinbarung zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den Diözesen im Land Nordrhein-Westfalen über die staatliche Mitwirkung bei der Bildung und Veränderung katholischer Kirchengemeinden

Vom 8./18./20./22./25. Oktober 1960

(GVBl. für das Land Nordrhein-Westfalen, Ausgabe A, S. 427 ff.)

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Zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen,
vertreten durch Herrn Ministerpräsident Dr. Franz Meyers und Herrn Kultusminister Werner Schütz, einerseits
und
den Diözesen im Land Nordrhein-Westfalen, nämlich
dem Erzbistum Köln,
vertreten durch Seine Eminenz, den Herrn Erzbischof von Köln,
Kardinal Dr. Joseph Frings in Köln,
dem Erzbistum Paderborn,
vertreten durch Seine Exzellenz, den Herrn Erzbischof von Paderborn,
Dr. Lorenz Jaeger in Paderborn,
dem Bistum Aachen,
vertreten durch Seine Exzellenz, den Herrn Bischof von Aachen,
Dr. Johannes Pohlschneider in Aachen,
dem Bistum Essen,
vertreten durch Seine Exzellenz, den Herrn Bischof von Essen,
Dr. Franz Hengsbach in Essen,
dem Bistum Münster,
vertreten durch Seine Exzellenz, den Herrn Bischof von Münster,
Dr. Michael Keller in Münster,
andererseits
werden nach Art. 3 Satz 2 des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhl vom 14.6.1929 – Gesetzsamml. S. 151 nach Art. 12 Satz 2 des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20.7.1933 – RGBl. II S. 679 – und unter Berücksichtigung des Vertrages des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Heiligen Stuhl vom 19.12.1956 – GV. NW. 1957 S. 19 – folgende – Richtlinien vereinbart:
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§ 1

( 1 ) Die Bildung und die Veränderung von Kirchengemeinden bedürfen, um für den staatlichen Bereich rechtlich wirksam zu werden, der staatlichen Anerkennung.
( 2 ) Als Bildung und Veränderung von Kirchengemeinden im Sinne des Abs. 1 sind die Errichtung, Auflösung, Zusammenlegung und Trennung von Kirchengemeinden oder die Änderung der Grenzen von Kirchengemeinden anzusehen.
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§ 2

Die staatliche Anerkennung wird beantragt, nachdem der Diözesanbischof die Urkunde über die Bildung oder Veränderung von Kirchengemeinden nach den geltenden kirchenrechtlichen Vorschriften vollzogen hat.
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§ 3

( 1 ) Die staatliche Anerkennung wird von dem nach dem Kirchenrecht zuständigen Diözesanbischof beantragt.
( 2 ) Dem Antrag sind beizufügen:
  1. Die den Vorschriften des Kirchenrechts entsprechende kirchliche Urkunde über die Bildung oder Veränderung der Kirchengemeinde (§ 1 Abs. 2);
  2. die Grenzbeschreibung mit einer maßstabgerechten übersichtlichen Skizze, die die Grenzen der Kirchengemeinde enthält und in der ggf. abgetrennte Teile beteiligter Kirchengemeinden kenntlich gemacht sind. Im letzteren Falle sind der Zahl der beteiligten Kirchengemeinden entsprechend weitere Ausfertigungen dieser Skizze beizufügen.
  3. Beschlüsse über eine etwaige Vermögensauseinandersetzung und eine Aufstellung des unbeweglichen Vermögens der Kirchengemeinde, soweit dieses nicht schon in der Vermögensauseinandersetzung aufgeführt ist. Die Beurkundung der Beschlüsse über eine etwaige Vermögensauseinandersetzung muß der gesetzlich vorgeschriebenen Form entsprechen.
  4. Angaben über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Neuregelung;
  5. eine Erklärung, daß die kirchenrechtlichen Voraussetzungen in formeller und materieller Hinsicht für die Errichtung der Kirchengemeinde erfüllt sind;
  6. eine Erklärung, daß die finanziellen Lasten und notwendigen finanziellen Aufwendungen der beteiligten Kirchengemeinden durch Leistungen dieser Kirchengemeinden oder durch Leistungen Dritter gedeckt sind;
  7. eine Erklärung, daß unbeschadet des § 10 zusätzliche staatliche Mittel nicht beansprucht werden oder der Nachweis, daß die erforderlichen zusätzlichen staatlichen Mittel bewilligt sind.
( 3 ) Soweit die kirchliche Urkunde bereits Angaben enthält, die unter Abs. 2 Buchst, b bis d fallen, bedarf es keiner besonderen Mitteilung.
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§ 4

( 1 ) Über den Antrag entscheidet der Regierungspräsident, in dessen Bezirk die Maßnahme nach § 1 getroffen werden soll.
( 2 ) Sind mehrere Regierungsbezirke im Sinne des Abs. 1 beteiligt, so entscheidet der Regierungspräsident, in dessen Bezirk der nach § 3 Abs. 1 zuständige Diözesanbischof seinen Sitz hat.
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§ 5

( 1 ) Die Anerkennung darf nur versagt werden, wenn der Antrag nicht den in § 3 bestimmten Erfordernissen entspricht.
( 2 ) Vor Versagung der Anerkennung soll dem Antragsteller Gelegenheit zur Beseitigung etwa bestehender Mängel gegeben werden.
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§ 6

Wird die Anerkennung erteilt, so hat die neu errichtete Kirchengemeinde die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts von dem Zeitpunkt an, der in der kirchlichen Errichtungsurkunde angegeben ist, frühestens jedoch von dem Tage der Anerkennung an.
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§ 7

Die Anerkennung wird durch eine besondere Urkunde erteilt; die kirchliche Errichtungsurkunde und die Urkunde über die staatliche Anerkennung sind im Amtsblatt des Regierungspräsidenten und der Diözese zu veröffentlichen.
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§ 8

( 1 ) Bei geringfügigen Grenzveränderungen, die die finanzielle Leistungsfähigkeit der beteiligten Kirchengemeinden nicht beeinträchtigen, teilt der nach Kirchenrecht zuständige Diözesanbischof nach Abschluß des kirchlichen Verfahrens dem zuständigen Regierungspräsidenten unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift der kirchlichen Urkunde die Grenzänderung mit.
( 2 ) Die staatliche Anerkennung gilt in diesen Fällen als erteilt, wenn der Regierungspräsident nicht innerhalb eines Monats seit Eingang der Mitteilung widerspricht.
( 3 ) Widerspricht der Regierungspräsident, so findet das Verfahren nach §§ 3 bis 7 statt.
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§ 9

Änderungen des Sitzes und des Namens bestehender Kirchengemeinden werden dem Regierungspräsidenten, in dessen Bezirk der Sitz der betreffenden Kirchengemeinde gelegen ist, von dem Diözesanbischof angezeigt.
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§ 10

Durch die Anerkennung wird die bestehende Rechtslage hinsichtlich etwaiger finanzieller Ansprüche gegen den Staat nicht berührt.
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§ 11

( 1 ) Diese Richtlinien treten am 1. November 1960 in Kraft.
( 2 ) Vom gleichen Zeitpunkt an richtet sich das Verfahren ausschließlich nach den vorstehenden Richtlinien.
( 3 ) Eine in Zukunft zwischen den Vertragschließenden etwa entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Richtlinien soll auf freundschaftliche Weise beseitigt werden.