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Vereinbarung über die kirchliche Polizeiseelsorge im Land Nordrhein-Westfalen

Vom 20. November 2023

(KlAnz. 2024, Nr. 48, S. 76)

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Vereinbarung
über die
kirchliche Polizeiseelsorge
im Land Nordrhein-Westfalen

zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Minister des Innern

(im Folgenden: Land)

und
der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen
und der Lippischen Landeskirche,
alle vertreten durch das Amt des Beauftragten der Evangelischen Kirchen bei Landtag und
Landesregierung von Nordrhein-Westfalen,
den (Erz-)Diözesen Köln, Paderborn, Münster, Aachen und Essen,
alle vertreten durch
den Direktor des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen

(im Folgenden: Kirchen)
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Präambel

Die nordrhein-westfälische Landesregierung und die Kirchen in Nordrhein-Westfalen unterstreichen die Bedeutung der Polizeiseelsorge als ein gemeinsames Anliegen von Staat und Kirche.
Die Polizeiseelsorge wird in Nordrhein-Westfalen in ökumenischer Kooperation wahrgenommen.
Zur Stärkung der bewährten, seit dem Jahr 1962 im Rahmen einer Vereinbarung festgelegten, Zusammenarbeit und um die inhaltliche Weiterentwicklung der Polizeiseelsorge abzubilden, treffen das Land und die Kirchen auf Basis der entsprechenden verfassungsrechtlichen und vertragsstaatskirchenrechtlichen Regelungen folgende Vereinbarung:
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Artikel 1
Gewährleistung der Polizeiseelsorge

Das Land gewährleistet den Kirchen die Ausübung ihrer Seelsorge bei der Polizei (Polizeiseelsorge).
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Artikel 2
Aufgaben der Polizeiseelsorge

( 1 ) Die Polizeiseelsorge ist als Teil der kirchlichen Arbeit ein Angebot an alle Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten, alle weiteren Polizeibeschäftigten und ihre Angehörigen.
( 2 ) Aufgaben der Polizeiseelsorge sind neben der persönlichen seelsorglichen Begleitung auch spirituelle und gottesdienstliche Angebote. Darüber hinaus sind Aufgaben der Polizeiseelsorge die Erteilung von berufsethischem Unterricht in der polizeilichen Aus- und Fortbildung, die Durchführung von Seminaren und weitere Angebote, insbesondere die Mitarbeit in psychosozialen Unterstützungsangeboten und Krisenintervention.
( 3 ) Für die Teilnahme an Seminaren und Tagungen der Polizeiseelsorge kann eine dienstliche Entsendung vorgesehen oder Sonderurlaub im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben gewährt werden.
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Artikel 3
Polizeiseelsorgerinnen und Polizeiseelsorger

( 1 ) Die Kirchen berufen geeignete Personen mit einer von den Kirchen festgelegten Qualifikation für den Dienst in der Polizeiseelsorge im Haupt- und Nebenamt. Diese üben ihr Amt im Auftrag und unter Aufsicht der Landeskirchen oder (Erz-)Diözesen aus.
( 2 ) Die berufenen Polizeiseelsorgerinnen und Polizeiseelsorger im Haupt- und Nebenamt sind dem für Inneres zuständigen Ministerium zum 1. Januar eines jeden Jahres bekannt zu geben.
( 3 ) Die Polizeiseelsorgerinnen und Polizeiseelsorger verwalten ein kirchliches Amt. In Ausübung von Lehre und Seelsorge sind sie nicht an staatliche Weisungen gebunden. Sie unterliegen der seelsorglichen Schweigepflicht. Im Übrigen arbeiten sie mit den Polizeibehörden zusammen.
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Artikel 4
Unterstützung der Polizeiseelsorge

( 1 ) Die Tätigkeit der Polizeiseelsorge wird vom Land nach Maßgabe dieser Vereinbarung durch Bereitstellung der erforderlichen Hilfsmittel ermöglicht und auch sonst in jeder Weise unterstützt. Insbesondere werden der Polizeiseelsorge die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Räume zur Verfügung gestellt.
( 2 ) Das Land stellt den Kirchen für die Wahrnehmung der Polizeiseelsorge einen jährlichen Pauschalbetrag nach Maßgabe des Haushaltsplans für die Sachausgaben zur Verfügung.
( 3 ) Darüber hinaus stellt das Land der evangelischen und der katholischen Kirche für die Finanzierung von Personalkosten für jeweils zwei Vollzeitstellen von Polizeiseelsorgerinnen und Polizeiseelsorgern einen jährlichen Pauschalbetrag in Höhe von jeweils 250 000,00 Euro zur Verfügung.
( 4 ) Das Land zahlt die Pauschalbeträge jährlich zum 1. März und 1. September anteilmäßig aus.
( 5 ) Das Land und die Kirchen vereinbaren, nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung die Auskömmlichkeit des Pauschalbetrages für die Personalkosten nach Absatz 3 zu überprüfen.
( 6 ) Beide Kirchen sichern zu, zusätzlich zu den vom Land refinanzierten Stellen mindestens genauso viele Stellen von Polizeiseelsorgerinnen beziehungsweise Polizeiseelsorgern vorzuhalten.
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Artikel 5
Salvatorische Klausel

Die Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung auf freundschaftliche Weise beseitigen. Bei einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse werden sich die Vertragschließenden um eine angemessene Anpassung bemühen.
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Artikel 6
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Vereinbarung wird vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags Nordrhein-Westfalen durch ein Landesgesetz1# geschlossen. Sie wird mit dem Inkrafttreten dieses Landesgesetzes wirksam. Gleichzeitig treten die Vereinbarung über die Wahrnehmung der evangelischen Polizeiseelsorge im Lande Nordrhein-Westfalen vom 19. Juli 1962 (MBl. NRW. S. 1353) und die Vereinbarung über die Wahrnehmung der katholischen Polizeiseelsorge im Lande Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 1962 (MBl. NRW. S. 1352) außer Kraft.
Düsseldorf, 20. November 2023

Für das Land Nordrhein-Westfalen
Herbert Reul
(Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen)

Für die Kirchenleitungen der drei Evangelischen Landeskirchen
Dr. Hedda Weber
(Kommissarische Leitung des Amtes des Beauftragten der Evangelischen Kirche bei Landtag und Landesregierung von Nordrhein-Westfalen)

Für die fünf katholischen (Erz-)Bistümer

Dr. Antonius Hamers
(Direktor des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen)

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1 ↑ Diese Zustimmung ist erfolgt mit dem Gesetz zur Zustimmung zu der Vereinbarung über die kirchliche Polizeiseelsorge im Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 2024, veröffentlicht in: GV. NRW. 2024 S. 77.